Amselsterben in Süddeutschland: Tropisches Virus gefunden
Hamburg/Waldsee, 14. September 2011 - Wissenschaftler des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNI) in Hamburg
haben gestern das tropische Usutu-Virus in mehreren Organen einer toten Amsel aus dem hessischen Birkenau nachgewiesen.
Die Amsel wurde im Rahmen des Projekts „Vorkommen von Stechmücken in Deutschland“ von Mitarbeitern der Kommunalen
Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Stechmückenplage (KABS) aufgefunden und an das BNI weitergeleitet. „Dass das
Massensterben der Vögel durch das Usutu-Virus bedingt ist, bleibt jedoch noch zu beweisen“, sagt Dr. Jonas Schmidt-Chanasit,
Leiter der virologischen Diagnostik am BNI.
Amsel ♂ (Turdus merula)
Bereits 2010 fand die Gruppe um Schmidt-Chanasit mit Partnern der KABS das ursprünglich aus Afrika stammende Virus
erstmals in deutschen Stechmücken.1 „Unser bundesweites Frühwarnsystem funktioniert“, erklärt Dr. Norbert Becker, Leiter
der KABS. „Der Befund ist zwar alarmierend, da Usutu-Viren auch den Menschen infizieren können, jedoch sind in Deutschland
bisher keine Infektionen von Menschen diagnostiziert worden“, ergänzt Schmidt-Chanasit.
Seit etwa zwei Monaten beschäftigt ein rätselhaftes Amselsterben mit Tausenden von toten Tieren die Vogelexperten des
Naturschutzbundes Deutschland (NABU) vor allem in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. In einigen Gebieten sind die
Amseln fast vollständig verschwunden. Auch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der KABS in Waldsee sammeln zurzeit tote
Amseln und schickten erste Vögel zur Untersuchung ans BNI. „Wir vermuteten schon, dass Usutu-Viren die Ursache sein
könnten“, erklärt Becker. Mit einem im vergangenen Jahr entwickelten Schnelltest - basierend auf der RT-PCR-Methode -
bestätigte die Gruppe um Schmidt-Chanasit über Nacht die Vermutungen der Experten aus Süddeutschland.
„Diese Diagnose ist der erste Erfolg für ein funktionierendes, verlässliches Frühwarnsystem, das wir mit dem Großprojekt
‚Vorkommen und Vektorkompetenz von Stechmücken in Deutschland‘ etablieren wollten“, erklärt Schmidt-Chanasit. Es sei
wichtig, rechtzeitig vorhersagen zu können, welche durch Stechmücken übertragenen Viren sich in Deutschland ausbreiten und
möglicherweise Menschen und Tiere bedrohen könnten. Anfang des Jahres bewilligte die Leibniz-Gemeinschaft die Förderung
eines interdisziplinären Forschungsprojekts mit rund einer dreiviertel Million Euro.2 Neben dem BNI als Projektkoordinator sind
das Senckenberg Deutsches Entomologische Institut (SDEI) in Müncheberg und die KABS als Projektpartner beteiligt.
Usutu-Virus auch auf Menschen übertragbar
Das Usutu-Virus ist kein reines Vogelvirus, sondern kann über einen Mückenstich auch auf den Menschen übertragen werden.
Es gibt zurzeit keine Hinweise darauf, dass das Usutu-Virus in Deutschland auf Menschen übertragen wird oder gar eine
Epidemie auslöst“, beruhigt Schmidt-Chanasit.
Quelle: Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin